DSM-Expertenbeiträge: Regionale Zusammenarbeit – Teil 3

3. Management regionaler Zusammenarbeit 

Management ist ein Zentralbegriff der Betriebswirtschaftslehre, unter dem dennoch jeder etwas anderes versteht. Ich mache es mir einfach und verstehe darunter: Dafür sorgen, dass das Gewünschte geschieht, kurz „Make things happen!“ Meistens wird von einer hierarchisch aufgebauten Organisation ausgegangen, die „gemanagt“ wird. Weiter gibt es kaum hierarchisierte Unternehmen und Organisationen. Die Unterschiede sind für das Management relevant.. Auch die Zusammenarbeit verschiedener Organisationen muss gemanagt werden. Dies ist jedoch weit weniger untersucht. Stichworte sind Kooperation und Kollaboration bzw. Koproduktion. Bei der regionalen Zusammenarbeit liegt die Besonderheit auf zwei Gebieten:

  1. Zusammenarbeit in einem über eine Gemeinde oder einen Kreis hinausgehenden Gebiet, also auf einer Fläche – doch so, dass sie nicht in ein staatliches Korsett gezwängt ist, und
  2. Zusammenarbeit heterogener Organisationen wie Gemeinden, Kreise, Land, möglicherweise Bund, andere öffentliche Körperschaften auf der einen Seite, Unternehmen verschiedenster Art und Größe auf der zweiten und schulische und wissenschaftliche Einrichtungen auf der dritten Seite (die Triple-Helix von Brainport Eindhoven) sowie möglicherweise weiterer Organisationen aus der Zivilgesellschaft (die vorgesehene Multi-Helix).

Zu 1: Regionale Zusammenarbeit über Gemeinden und Kreise hinaus

Eher selten handelt es sich um solche Formen der Zusammenarbeit, für die der Staat eine besondere Form zur Verfügung gestellt hat (wie beispielsweise das Land Niedersachsen bei der Region Hannover). Dafür besteht auch keine Notwendigkeit, weil für alle juristischen Personen die ganze Palette von zivilrechtlichen Rechtsformen zur Verfügung steht. Oft handelt es sich um zivilrechtliche Formen der Zusammenarbeit, sprich Vereine, Gesellschaften bürgerlichen Rechts, GmbHs, Genossenschaften. Einschränkungen gibt es allerdings in diversen Gemeinde- und Kreisordnungen.

Die Problematik liegt in der dann fehlenden der Öffentlichkeit von Prozessen der Entscheidungsfindung, die mit dem Demokratiegebot nicht vereinbar ist. Hier besteht auf der einen Seite auch bei Politikern und Verwaltungsleuten der Wunsch nach Geheimhaltung (es ist ja viel einfacher!) und auf der anderen Seite das in einer Demokratie ausgeprägte Bedürfnis nach Öffentlichkeit. Der Grund ist einfach: Regionale Zusammenarbeit ist gewöhnlich freiwillig und bedarf der andauernden und breiten Unterstützung durch die Bevölkerung. Sie herzustellen und aufrechtzuerhalten, verbietet Geheimhaltung, verbietet auch fallweise Geheimhaltung, weil die Bevölkerung dann leicht dazu neigt, Täuschungsmanöver zu vermuten.

Zu 2: Sind Partner zur Zusammenarbeit fähig?

Die besonderen Probleme im Management regionaler Zusammenarbeit rühren aus der immer nötigen Aufnahmefähigkeit aller Beteiligten für die Belange der anderen sowie dem Willen dazu. Damit sind zunächst organisatorische Strukturen gemeint. Es muss sich also um Organisationen handeln, die nach außen hin offen sind und zwar so offen, dass sie die unterschiedlichsten Signale aufnehmen können. Einer hierarchischen Organisation, in der alle Beschäftigten auf die Leitung blicken, weil nur sie die Kontakte nach außen pflegt, mögen die nötigen Rezeptoren hin zu anderen, beispielsweise zur Zivilgesellschaft fehlen. Sie ist insoweit unfähig zur regionalen Zusammenarbeit und benötigt außer dem Fokus auf die eigene Organisation einen Fokus auf die Zusammenarbeit in einem regionalen Netz. Ein Beispiel: Wenn sich eine Kommune in Jugend- und Sozialangelegenheiten nach Fällen, die Nachbarkommune nach Sozialräumen (das soziale Handeln richtet sich nach der häuslichen Umgebung) organisiert, werden beide Kommunen zur Zusammenarbeit unfähig sein, wenn sich ein Sozialraum über beide Kommunen erstreckt.

Neues Institutionendesign für Austausch und Kooperation

Es fehlen „Öffnungen in den Organisationen“, die eine Zusammenarbeit ermöglichen und sie, wenn nötig sogar die Sektoren, übergreifend „anschlussfähig machen“. Folgendes Schema von Denita Cepiku und Marco Meneguzzo zeigt dies auf:

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Die eigene Organisation ist nicht in der Lage, ein Problem zu lösen, sie sucht nach Partnern (Treiber für Zusammenarbeit), die sie in einem bestimmten Netzwerk nach der Analyse der Abhängigkeiten und der Bedingungen für die Zusammenarbeit in einem zu findenden und zu gestaltenden Typus eines Netzwerkes auch findet. Die daraus entwickelten Aktivitäten sind nur möglich, wenn alle Netzwerkpartner ihre Beiträge (Ressourcen) zu Verfügung gestellt haben, was wiederum die eigene Organisation beeinflusst (verändert). So ist die eigene Organisation netzwerkfähig gleich zusammenarbeitsfähig geworden.

Reichweite des Beitrags der eigenen Organisation analysieren

Da ist es nötig zu verstehen, dass die eigene Organisation nur Beiträge leistet und nicht die Leistung vollständig erbringt. Gewöhnlich ist sie zum Erfolg auf die anderen angewiesen, seien sie Partner, mit denen die Zusammenarbeit vereinbart ist, oder Dritte, die eher zufällig zur Leistung beitragen. Hier führt folgendes Schema zum besseren Verständnis:

 

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Nur selten reichen eigene Aktivitäten zur Leistungserbringung aus, vielmehr ist es so, dass sie lediglich zur Leistung, die nach außen abgegeben wird, beitragen sollen. Ob die Leistung auch genutzt wird, das ist eine offene Frage. Und welche Wirkung sie entfaltet, ist eine knifflige, welche Nebenwirkung (positiver wie negativer, gewollt oder nicht) sie hat, ist eine noch kniffligere Frage. Oft besteht eine Zurechnungslücke für die Bedeutung des eigenen Beitrages, bei der man nur Vermutungen anstellen, Hypothesen aufstellen und deren Robustheit mit einem mehr oder weniger Maß an Plausibilität erfassen kann.

Fallstrick Hybris

Zu den Fallstricken im Management regionaler Zusammenarbeit, die sich aus dem Fehlen von Synapsen, über die der Austausch erfolgen kann, und den Fallstricken, die sich aus dem Missverständnis über die Bedeutung des eigenen Beitrages ergeben, ist auf den Fallstrick Hybris über die Stellung und über die Organisation, gleich ob Weltunternehmen oder regionaler Handwerksbetrieb, hinzuweisen. Regionale Zusammenarbeit funktioniert nur, wenn jede gleich ob öffentliche Einrichtung oder privates Unternehmen, die anderen als gleichrangig akzeptiert und nicht verlangt, bevorzugt zu werden. Hinzu kommt, die nötige Offenheit für Entwicklungen wie Hinzukommen und Ausscheiden von Partnern bzw. Wechsel in Art, Menge und Güte der einzelnen Beiträge. Deshalb ein leicht vergessenes Fazit: regionale Zusammenarbeit muss auch gemanagt werden!

(Hinweis für alle, die noch mehr erfahren wollen: ein Überblick über das Management regionaler Zusammenarbeit findet sich in Kleinfeld, Plamper, Huber, Regional Governance, 1996, Band 2, 361 – 283.)

 

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